22.08.2009: Stagedive Day Out - Nykvarn (SE) - Folkets Park [2009]

22.08.2009
 

 

Zwischen Nadelwäldern, Feldern und Fjorden liegt Nykvarn. Allein schon die richtige Aussprache dieses Ortes in Schweden könnte für so manchen ein Problem darstellen. Den Weg ganz ohne Auto dorthin zu finden ist aber noch bedeutend schwieriger. Ca. eine Stunde von Stockholm City entfernt liegt der kleine Ort in dessen Park das Stagedive Day Out stattfinden soll. Im vergangenen Jahr hatte das Festival bereits Erfolge unter den Namen "Moshpit Open" feiern dürfen. Damals mit Headlinern wie Bring Me The Horizon und Dead By April. Auf Erstere müssen wir dieses Jahr verzichten, Zweitere sind jedoch wie viele andere Bands dieses Jahr wieder dabei.



Bereits um 11 Uhr hatten sich die Tore zum Festivalgelände geöffnet und der doch recht jungen Menge Einlass zu den drei Bühnen gewährt. Dank der eben schon erwähnten Probleme, Nykvarn und dessen "Folkets Park" zu finden, treffen wir jedoch erst gegen Ende des Sets von Yashin ein. Gleich zwei Sänger darf die junge Truppe aus Glasgow ihr Eigen nennen. Schließlich wäre es scheinbar dann doch zu viel verlangt, dem Backgroundsänger aka Gitarristen die cleanen Parts komplett zu überlassen. Trotz massiver Soundprobleme ziehen Yashin ihr Set bis zum Ende durch. Mit einem Screamo-Elektro Cover des Britney Spears Hits "Everytime" verabschieden sie sich von der Menge. Bis auf den Sound ein hörenswerter Einstand des Festivaltages.



Allgemein betrachtet ist das Publikum des Stagedive Day Out's sehr jung, quirlig und bunt. Vor allem die weiblichen Wesen unterhalb der Volljährigkeitsgrenze drängeln sich mehr kreischend als jubelnd. Dieses Bild ändert sich auch vor der mittleren Bühne, auf der sich bereits My Passion positioniert haben, nicht. Im Gegenteil. Die Band selbst erinnert schwer an einen Mix aus Aiden und Madina Lake. Zumindestens was die Optik angeht. Musikalisch kann man sie schon eher in die Elektro-Pop Kiste sperren. Aber auch Pop-Punk Elemente sind in ihren durchaus tanzbaren Songs wieder zu finden. Leider wirkt das Ganze ein wenig zu affektiert, als dass man sich My Passion die vollen 30 Minuten Spielzeit hätte anschauen können.



Wer My Passion verschmäht, den hat es vermutlich im oberen Teil des Parks gehalten. Gleich nach einer recht fixen Umbaupause betreten Adept die dortige große Bühne. Ein Act, über den man in der letzten Zeit schon häufiger gestolpert ist und der in Schweden bereits seit ein paar Jahren für Abriss in den Clubs sorgt. Schnell begreift man warum. Die Herren können durchweg mit ihrem gelungenen Post-Hardcore überzeugen. Songs wie Grow Up Peter Pan und Sound The Alarm kommen gut an. Und auch wenn ihre Platte Another Year Of Disaster noch nicht allzu lange auf dem Markt ist, zeigt sich das Publikum textsicher und begeistert von der Darbietung Adepts. Im November dürfen sich die fünf Schweden in unseren heimatlichen Gefilden beweisen. Dann spielen sie gemeinsam mit A Skylit Drive und Dance Gavin Dance einige Gigs in Deutschland.

Bevor es weiter im doch recht Core-lastigen Programm geht, kann man sich bei dem Spaß-Elektro-Duo Lights Go Blue oder auf dem Gelände eine kleine Verschnaufpause gönnen. Das Festival vermittelt einen unbestreitbaren Dorf- und Zusammenhaltscharakter. Die Bühnen wirken zum Teil etwas wie selbst zusammen gezimmert, der Verkauf von Getränken sowie ein Großteil der Securityarbeit ist fest in Teenagerhand und man fühlt sich trotz Sprachbarriere herzlich willkommen. Nicht allzu oft hat man ein so ungezwungenes Umfeld auf einem deutschen Festivals dieser Art.



Genug verschnauft und sich in der derweil hervorbrechenden Sonne geaalt! Schließlich gibt es einen weiteren Exportschlager aus Schweden zu begutachten. Saving Joshua sind zwar noch nicht viel auf dem europäischen Kontinent herum gekommen, haben aber ähnlich wie Adept eine beachtliche Schaar an Anhängern mitgebracht. Der Sänger wirkt zwar ein wenig schlaksig in seinem überdimensionalen T-Shirt, kann aber mit seiner Stimme überzeugen. Die Gitarren kommen hingegen weniger gut rüber, was aber abermals an Soundproblemen liegen kann. Der Bühnenperformance der Band tut das jedoch keinen Abbruch, mal abgesehen von dem Herren im bandzugehörigen T-Shirt der auf der Bühne seine albernen Moves performt.



Das inoffizielle Motto des Festivals scheint zu lauten UK vs. Schweden denn das Line-Up weist nicht viele Bands aus anderen Ländern auf. Viele kleine gute Acts für wenig Geld, was will man mehr. Disco Ensemble noch als klein zu bezeichnen wäre aber vorlaut. Schließlich haben die Finnen schon seit ein paar Jahren professionelle Bühnenerfahrung hinter sich und schon so einiges erlebt. Zum alten Eisen zählen sie trotzdem heute noch lange nicht. Auch ihr Sound wirkt frisch und ungezwungen. Zwar klappt der Über-Schulter-Wurf mit der Gitarre noch nicht so ganz, dafür setzen sie aber gekonnt ihr Keyboard ein, wenn auch weniger als Wurfobjekt denn als Musikinstrument. Schade das sich ihr Set mit dem vom Attack! Attack! überschneidet



Attack! Attack! - die alte Diskussion über die beiden gleichnamigen Bansd aus USA und UK hier wieder aufleben zu lassen wäre müßig. Zumal Bassist Will darauf besteht, dass der Name zuerst ihnen gehörte. Leider scheinen Attack! Attack! mehr Probleme zu haben als nur Streitigkeiten über die Doppelvergabe ihres Namens. Für ihren heutigen Auftritt ist eindeutig ein Zuschauerproblem zu bemängeln. Bei kaum einer anderen Band ist so wenig Publikum anwesend wie bei den vier Herren aus Wales. Schade, denn von Mal zu Mal können sie mich mehr überzeugen. Besonders der fassettenreiche Gesang und die ruhigeren Songs sind durchaus hörbar.



Für eine kleine Überraschung sorgen Kid Down, ebenfalls aus Schweden und ebenfalls mit viel Sampletechnik bewaffnet, auch wenn diese nur vom Band kommt. Im Frühjahr hatte die 4 Mann Pop-Punk Kombo bereits einer der Opener des Give It A Name Festivals gegeben. Damals mit einem eher mäßigen Auftritt. Ihre Riffs sind immer noch nicht allzu ausgefallen, dafür zeigt sich heute die Partytauglichkeit ihrer Songs, was wohl nicht zuletzt am Publikum liegt. Klarer Heimvorteil.



Diesen genießen Hadouken! aus England nicht. Dafür aber bieten sie eine ganze Ecke kreativeren Sound. Zugegeben, Synthie bzw. elektronisch sampelnde Bands findet man auf dem Stagedive Day Out zu Hauf. Doch bei kaum einer der Bands sind die Songs dadurch so stark beeinflusst wie bei den fünf Londonern. Ihre Tracks zeigen sich reifer und aggressiver als die der meisten anderen Bands, auch wenn die gerappten Texte eher von Rave-Partys und Szenegruppierungen handeln. That Boy That Girl und der neue Hit M.A.D. sorgen im Publikum für ordentlich Bewegung. Die ersten Stagediver lassen nicht lange auf sich warten.



Intohimo haben im vergangenen Jahr mehrmals versucht in Deutschland Fuß zu fassen. Der richtige Erfolg blieb jedoch aus. Ihre Shows waren eher schlecht besucht oder die Band cancelte kurz vor dem entsprechenden Auftritt den selbigen. Man habe kein Geld die Reise gen Mitteleuropa anzutreten. Ein paar Gigs haben die trotzdem absolvieren können und sich damit besonders im Beneluxraum und im Osten Deutschlands Freunde gemacht. Emotionsgeladene Screamo-Action mit kreativem und schnellem Gitarrenspiel.



Das englische Gegenstück dazu stellen Dividing The Line dar, die nebenan auf der kleinsten Bühne als nächstes spielen. Bis vor ca. einem Jahr sind auch sie auf der Elektro-Screamo Welle ganz oben mitgeschwommen. Dann entschieden sie sich, einen konventionelleren Weg einzuschlagen. Dass dieser nicht unbedingt der Richtige für sie war, merkt man vor allem, wenn man ihre älteren Titel mit den neuen vergleicht. So hart es klingen mag, aber die älteren Titel sind im Fall von Dividing The Line die besseren. Das heiß geliebte Micro-Korg hat zwar noch seinen Platz auf der Bühne, spielt aber keinerlei ausschlaggebende Rolle mehr für ihre Musik. Der entscheidende Funke, der einen begeistert sein ließe, springt schlichtweg nicht über.



Anders bei We Are The Ocean, die gleich im Anschluss folgen. Die aufstrebende Band aus Harlow, UK hat keinerlei Mühen beim Publikum gut anzukommen. Nahezu Jeder kann ihre Titel mitsingen. Besonders bei Nothing Good Has Happened Yet geht der prägnante cleane Gesang durch Mark und Bein. Ihre Musik wirkt bedacht, ausgefeilt und verzichtet komplett auf jegliches Keyboard-Klimbim. Diesen jungen Herren kann man noch eine durchaus rosige Zukunft im Musikbusiness prophezeien. Die Weichen sind gestellt, im Herbst gehen sie auf Headlineing-Tour in Großbritannien und es dürfte nicht allzu lange dauern, bis sie auch bei uns den verdienten Zuspruch finden.

Wer nun einen kleinen Abstecher zurück zur Hauptbühne wagt wird einen Auftritt zu sehen bekommen, der einfach nur mit einem Wort zu betiteln ist: PartyPartyParty! So auch der Name des zweiten Songs von Andrew W.K.. Höchstpersönlich aus den Staaten eingeflogen steht der kaum 1,80 m große, zottelhaarige Kerl auf der Bühne und tut das was er am besten kann: Die Menge zum Feiern bewegen. Aber nicht nur den Zuschauern ist bei Songs wie Party Hard zum abfeiern zumute. Auf der Bühne haben sich etliche Musiker anderer Bands eingefunden, die freien PA-Kanäle mit Mikrofonen belegt und nun gemeinsam mit dem leicht schrulligen Musiker und dessen Band über die Bühne wirbeln. Da wird getanzt und gelacht, geschubst und gesprungen, aber vor allem viel getrunken und noch mehr gefeiert. Dabei ist Alkohol gar nicht gerne gesehen in Schweden. Macht aber nichts wenn man Andrew Wilkes Krier heißt und bereits Titelsongs für Jackass - The Movie oder Freaky Friday verfassen durfte. Aber man muss keinesfalls unter Alkoholeinfluss stehen um eine Menge Spaß bei dieser Darbietung zu haben. Allein die Stimmung reißt einen sofort mit.



Nach diesem nicht ganz ernst zu nehmenden aber dennoch denkwürdigen Auftritt könnte man meinen, es könne nicht mehr besser werden. Doch hier beweisen Dance Gavin Dance das man auch mit weniger partylastiger Musik durchaus die Menge für sich gewinnen kann. Die Post-Hardcore Truppe aus Kalifornien ist derzeit keinesfalls auf Tour. Die Veranstalter haben sich dieses Bonbon des Abends ganz schön was kosten lassen. Doch die Rechnung scheint aufzugehen, denn anstatt den anderer Ort stattfindenden Soundcheck von Dead By April zu ertragen sind nahezu alle Festivalbesucher eng zusammengerückt, um einen Blick auf das Geschehen rund um Dance Gavin Dance zu werfen. Trotz der guten Resonanz bleibt fraglich, ob bei den jüngeren Besuchern die Musik wirklich gut ankommt, oder ob sie nur nach den männlichen Objekten der Begierde stieren. Denn der Sound der Sechs ist deutlich ausgefallener als bei anderen Künstlern ihrer Branche und nicht grade leicht zu beschreiben. Da ist es erfreulich, dass man Dance Gavin Dance bald wie erwähnt in Deutschland begrüßen darf, um sich selbst ein Bild machen zu können.



Gebrochene Teenieherzen und einen ohrenbetäubenden Lautstärkepegel haben schließlich Dead By April zu verantworten. Zwar sind die fünf gestandenen Männer nach eigenen Interviewaussagen zum Großteil in festen Händen, was die Kids aber nicht daran hindert, sich die Seele aus dem Leib zu kreischen. Nach einem endlos andauernden Soundcheck haben sie es endlich geschafft sich auf die Bühne zu rappeln. Man könnte meinen, dass das im Vorfeld für gereizte Stimmung sorgt. Doch der Schwede an sich ist ein eher ausgeglichener Mensch und wartet gerne auf Dinge für die es sich lohnt zu warten. Im Fall von Dead By April lohnt es sich aber leider nicht. Der Soundcheck hat den kompletten Zeitplan durcheinander gebracht. Zwar scheint dieser gut funktioniert zu haben, denn Vocals und Gitarren kommen klar rüber, jedoch bleibt nun nur noch Zeit für vier oder fünf Titel. Unter anderem performen sie ihren als Videoclip festgehaltenen Hit Losing You. Nach diesem ist im übrigen Schluss und die Band verlässt das verdattert wirkende, ihnen zu Füßen liegende Publikum. Eigentlich schade, waren doch Dead By April mit ihrem stark gesampelten Metalcore einer der Acts, die man im Vorfeld mit hohen Erwartungen verbunden hatte.

Den Abend beschließen zu später Stunde Millencolin und Ghost Of A Thousand, doch leider machen mir dabei Bus und Bahn bzw. unsere Mitfahrgelegenheit einen Strich durch die Rechnung. Abschließend bleibt zu bemerken, dass es durchaus sehr lohnenswert sein kann, sich eins der kleinen Festivals im Ausland anzuschauen. Im Fall vom ca. 4000 Besucher starken Stagedive Day Out bleibt ein Dankeschön an die Veranstalter auszusprechen und zu hoffen, dass es im nächsten Jahr wieder ein so vielseitiges, Festival in Nykvarn geben wird.


Galeries:

Stagedive Day Out 2009 - Dead By April (22.08.2009)
Stagedive Day Out 2009 - Dance Gavin Dance (22.08.2009)
Stagedive Day Out 2009 - We Are The Ocean (22.08.2009)
Stagedive Day Out 2009 - Dividing The Line (22.08.2009)
Stagedive Day Out 2009 - Intohimo (22.08.2009)
Stagedive Day Out 2009 - Hadouken (22.08.2009)
Stagedive Day Out 2009 - Kid Down (22.08.2009)
Stagedive Day Out 2009 - Attack! Attack! (22.08.2009)
Stagedive Day Out 2009 - Disco Ensemble (22.08.2009)
Stagedive Day Out 2009 - Saving Joshua (22.08.2009)
Stagedive Day Out 2009 - Adept (22.08.2009)
Stagedive Day Out 2009 - My Passion (22.08.2009)
Stagedive Day Out 2009 - Yashin (22.08.2009)